Das Ballonmusical „Lebe deinen Traum“ handelte von drei tollkühnen Pionieren, die mit allen Mitteln ihren Traum vom Fliegen umsetzen wollten.
Foto: Daria Feletssky

Witzig, locker, raffiniert: Das Ballonmusical „Lebe deinen Traum“, aufgeführt von der Sing- und Musikschule Gersthofen, erzeugte Stimmung mit Gänsehaut-Feeling.

Wenn Träume nicht in Erfüllung gehen, sind Enttäuschungen vorprogrammiert. Mehr noch: Sie können zum Gespött machen und gar Existenzen bedrohen. Von Fehlschlägen und Verzweiflung handelte auch das Musical „Leben deinen Traum“, ergänzt mit einer Portion Mut und Geradlinigkeit. Die Sing- und Musikschule Gersthofen führte es am vergangenen Wochenende zweimal in der ausverkauften Stadthalle auf. Im Mittelpunkt stand kurzweilig und dennoch lehrreich die frühe Geschichte der Ballonfahrt in der Region.

Und diese basierte auf Träume, Hoffnungen und den Drang nach Anerkennung und Reichtum. Regisseurin Susi Kraus, die neben der Leitung auch für Kostüme und Texte verantwortlich zeichnete, ließ gleich drei waghalsige Flugpioniere aus verschiedenen Epochen aufleben.

Joseph Maximilian Freiherr von Lütgendorf (Robert Kraus, rechts) scheiterte mit seinen Ballonstartversuchen gleich mehrmals. Während das Volk in verhöhnte, forderten ihn seine Gönner auf, weiterzumachen.
Foto: Daria Feletssky

Drei waghalsige Flugpioniere

Zunächst Salomon Idler. Der Augsburger Schuhmacher bastelte aus Eisen und am Gestell angeleimte Federn Flügel und wollte damit 1659 vom Dach eines Schuppens aus die Luft erobern. Der Flug war allerdings nur von kurzer Dauer. Beim Absturz wurde er nur leicht verletzt. Etliche Hühner hatten weniger Glück. Idler erschlug sie beim Aufschlag. „Der fliegende Schuster“ wurde zum Gespött der Leute.

Ein weiterer Wegbereiter der Luftfahrt war der Technik begeisterte und erfinderische Joseph Maximilian Freiherr von Lütgendorf. Sein größter Traum war es, der erste bekannte deutsche Luftsegler zu werden. Für das im August 1786 in Augsburg geplante Spektakel ließ er ein Amphitheater errichten sowie Porträts, Kupferstiche und Gedenkmünzen fertigen. Im Rahmen seiner Werbemaschinerie setzte er Tausende von Eintrittskarten ab. Doch die beiden Startversuche mit seinem Gasballon scheiterten wegen Unwetters und menschlichen Versagens.

Mit Hohn und Spott wurde Lütgendorf aus der Stadt gejagt. Kurze Zeit darauf unternahm er in Gersthofen einen dritten Anlauf. Erneut ohne Erfolg.

Die Personenluftfahrt in der Region eröffnete schließlich am 5. Juni 1811 Constanze Bittorf, die Gefährtin eines Mechanikers aus Würzburg, mit einem rund 18 Meter hohen warmluftgefüllten Papierballon. Sie startete, bejubelt von den Menschenmassen, vom Augsburger Roten Tor aus und landete eine Viertelstunde später zwischen Neusäß und Täfertingen.

Hoffnungen, Sehnsüchte und Leidenschaft

Alle drei lebten ihren Traum vom Ballonfahren. Jeder auf seine Art und Weise, mal tollkühn oder leidenschaftlich, mal töricht oder geltungsorientiert. Hier gebührte den Darstellern großes Lob. Sie brachten die Charaktere glaubwürdig rüber, präsentierten nachvollziehbar Beweggründe und Ziele, Hoffnungen und Sehnsüchte. Sowohl Max Ammer (Salomon Idler) als auch Robert Kraus (Freiherr von Lütgendorf) und Alexandra Rehberger und Martina Weislein (Madame Bittorf) fielen durch Ausstrahlung und Spielfreude auf. Alle Gesangssolisten glänzten mit kraftvollen Stimmen und facettenreichem Schauspiel.

Das Ballonmusical lebte von Atmosphäre, Opulenz, dichter Klangfarbe und tollen Ballettszenen. Mehrmals gab es vom Publikum Szenenapplaus, am Schluss Standing Ovations.
Foto: Daria Feletssky

Auch die anderen Rollen überzeugten durch die Reihe: Jakob Leitenmaier und Christopher Vogel (Lütgendorfs Gönner), dessen gute Fee Angie Hackenberger, Valentin Rogg (Mechanikus Bittorf) und Jakob Haslinger (Diener Heinrich). Herbert Lenz und Josefine Winter ließen als erzählender Opa und Enkelkind die einzelnen Szenen mit viel Charme und Witz fließend ineinander übergehen. Dabei verwendete die Regisseurin bereits bestehende Songs aus verschiedenen Musikrichtungen und passte ihre Liedtexte kongenial den Melodien an.

Lichtstimmungen, funktionale Bildprojektionen und Geräusche verwandelten die Bühne in einen Dorfplatz, einen Ballonstartplatz und in ein Fürstenzimmer. Die aufwendigen Kostüme und großangelegten Personenszenen fügten sich darin faszinierend ein. Tänzerinnen des Jugendballetts der Augsburger Ballettakademie DanceCenter No1 unter der choreografischen Leitung von István Németh präsentierten sich als perfekte Einheit und erzeugten mit Präzision und stilistischer Variabilität eindrucksvolle lebendige Momente. Songs wie „Vom Traum verführt“, „Gib nicht auf“ und „In meiner Welt“ gingen unter die Haut, rissen das Publikum sichtbar mit und wurden mit Szenenbeifall belohnt.

Musikalisches Feuerwerk

Das Ballonmusical lebte zudem von diversen Ensembles. Der Erwachsen- und Jugendchor, das Vokaltrio Cloudberries, das Akkordeonorchester unter der Leitung von Stefanie Saule, die Big Band unter Christian Schmerder und das vierköpfige Salonorchester – alle Aushängeschilder der Sing- und Musikschule – sangen und spielten energiegeladen und sorgten damit zwangsläufig zusätzlich für zauberhafte Atmosphäre. Mit „Lebe deinen Traum“ wurde ein Werk aufgeführt, das Leichtigkeit und zugleich Dichte, aber auch Eleganz und Wärme beinhaltete. Mit seiner Opulenz an Klangfarbe war das Ballonmusical ein absolutes Feuerwerk. Am Ende gab es langanhaltenden, stehenden Beifall. (spr)